Nachhaltige Ernährung mit Gesundheitseffekt: die 1/7-Regel

Offizielle Ernährungsempfehlungen preisen eine pflanzenbasierte Ernährung. Aber sie geben keine Angaben, wieviel pflanzliche Produkte mindestens bzw. tierische Produkte höchstens damit gemeint sind. Wie kann eine solche Empfehlung bzw. ein Richtwert dennoch aus offiziellen Ernährungsempfehlungen abgeleitet werden?

Küchenbrett mit Kochzutaten

CC0 auf pxhere

Offizielle Empfehlungen bei tierischen Produkten unklar

Großer Aufruhr brach vor kurzem aus, als die WHO rotes Fleisch im Allgemeinen und verarbeitete Fleischwaren im Speziellen als wahrscheinlich krebserregend einstufte1. Dabei empfiehlt u.a. die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bereits seit einiger Zeit, diese Produkte nur in geringem Maße zu verzehren und überwiegend pflanzliche Lebensmittel zu wählen2. Hinweise, wie viele pflanzliche Produkte mindestens bzw. tierische Produkte höchstens gegessen werden sollten, fehlen jedoch in den meisten Ernährungsempfehlungen3, wie jene der DGE oder des  United States Department of Agriculture (USDA). Die „10 Regeln“ der DGE2 beispielsweise enthalten zwar Maximalmengen für Fleisch, aber nicht für Milch, Milchprodukte oder tierische Produkte insgesamt. Kann dennoch ermittelt werden, wie groß der Anteil der pflanzlichen Produkte an der Ernährung sein sollte, um gesund zu leben?

Gesundheitliche Vorteile von pflanzenbasierter Ernährung

In immer mehr Studien und Metastudien, wie der „Oxford Vegetarian Study“ oder der „Adventist Health Study 2“, zeigt sich, dass eine pflanzenbasierte Ernährungsweise mit weniger tierischen Produkten – wie es in der vegetarischen und veganen Ernährung praktiziert wird – deutliche Gesundheitsvorteile mit sich bringen kann. Dabei sind insbesondere  eine geringere Gesamt-Sterblichkeit4 sowie weniger Krebs-5 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen6 hervorzuheben.

Dies wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass in tierischen Produkten zwangsläufig gesättigte Fettsäuren, Trans-Fettsäuren und Cholesterin enthalten sind. Gleichzeitig erhöht der Konsum von Fleisch und Milchprodukten die Wahrscheinlichkeit, unter anderem Krebs7 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen8 zu erleiden. Daher empfiehlt die Harvard Medical School, nicht nur Fleisch-, sondern auch Milchprodukte auf ein bis maximal zwei Portionen täglich zu reduzieren (zur Vermeidung gesättigter Fettsäuren und der Risikominderung von bspw. Eierstock- oder Prostatakrebs).

Pflanzenbasierte Ernährung: versteckte Hinweise in Leitlinien

Wie wenig tierische Produkte wir insgesamt essen sollten, lässt sich zumindest in Bezug auf einige zentrale Aspekte indirekt ableiten, zum Beispiel aus den Empfehlungen zur Zufuhr von gesättigten Fettsäuren und Cholesterin. Pro Tag werden maximal 159 bis 2010 Gramm gesättigte Fettsäuren und 27511 bis 30012Milligramm Cholesterin empfohlen. Bei diesen Maximalmengen geht es wohlgemerkt nicht darum, einen optimalen Gesundheitszustand zu erreichen, sondern darum, nicht das Risiko insbesondere für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebserkrankungen überdurchschnittlich zu erhöhen.

Was kann man essen, um diese Grenzen nicht zu überschreiten? Diese Tabelle (nach Bundeslebensmittelschlüssel) zu tierischen Produkten gibt Aufschluss:

Nehmen wir Folgendes an: Ich verzehre pro Tag

  • 150 Gramm Schweinefleisch und ca. 1,5 Eier (und keinerlei Milch, Butter, Sahne, Käse, Quark, Joghurt) oder
  • ca. 40 Gramm Geflügel, 25 Gramm rotes Fleisch, ein halbes Ei, ca. 5 Gramm Butter, 20 Gramm Käse und 6 Gramm Sahne

Dann würde ich bereits ca. 13 Gramm gesättigte Fettsäuren und ca. 230 Milligramm Cholesterin erreichen, ohne auch nur irgendwelche anderen Lebensmittel (Chips, Gebäck etc.) gegessen zu haben. Mehr als diese Menge, umgerechnet insgesamt ca. 360 kcal tierische Produkte pro Tag, sollte ich also nicht regelmäßig verspeisen, um die Wahrscheinlichkeit für die oben genannten Krankheiten nicht stark zu erhöhen.

Daraus kann folgend ein Richtwert für den Anteil tierischer bzw. pflanzlicher Lebensmittel abgeleitet werden. Die Herleitung dieser Regel ist in an dieser Stelle allerdings nur exemplarisch möglich und sollte durch umfassendere Untersuchungen deutlich verfeinert werden.

Maximale Menge tierischer Produkte: die neue 1/7-Regel

Gehen wir von dem Mittelwert der empfohlenen Energiezufuhr von 2400 Kilokalorien pro Tag aus, könnte als neue Regel bzw. neuer Richtwert abgeleitet werden, dass nur maximal ein Siebtel der täglich aufgenommenen Nahrungsmittel aus tierischen Produkten und mindestens sechs Siebtel aus pflanzlichen Produkten stammen sollten, um die Gesundheit (in Bezug auf die oben genannten Aspekte) nicht zu gefährden. Momentan besteht die durchschnittliche Ernährung in Deutschland noch zu etwa einem Drittel aus tierischen Produkten.

 

Quellen

1 Bouvard, V., Loomis, D., Guyton, K. Z., Grosse, Y., Ghissassi, F. E., Benbrahim-Tallaa, L., … International Agency for Research on Cancer Monograph Working Group. (2015). Carcinogenicity of consumption of red and processed meat. The Lancet. Oncology, 16(16), 1599–1600.

2 Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (2017). Vollwertig essen und trinken nach den.10 Regeln der DGE URL: www.dge.de/fileadmin/public/doc/fm/10-Regeln-der-DGE.pdf

3 Nestle, M. (2016, Januar 7). The 2015 Dietary Guidelines, at long last. URL:https://www.foodpolitics.com/2016/01/the-2015-dietary-guidelines-at-long-last/

4 Orlich, M.J., Singh, P.N., Sabaté, J., et al. (2013). Vegetarian Dietary Patterns and Mortality in Adventist Health Study 2. JAMA Intern Med. 2013;173 (13), 1230–1238. doi:10.1001/jamainternmed.2013.6473

5 Orlich, M.J., Singh, P.N., Sabaté, J., et al. (2015). Vegetarian Dietary Patterns and the Risk of Colorectal Cancers. JAMA Intern Med. 2015;175(5):767–776. doi:10.1001/jamainternmed.2015.59

6 Orlich, M.J., Singh, P.N., Sabaté, J., et al. (2013). Vegetarian Dietary Patterns and Mortality in Adventist Health Study 2. JAMA Intern Med. 2013;173(13):1230–1238. doi:10.1001/jamainternmed.2013.6473

7 von Ruesten, A., Feller, S., Bergmann, M. M., & Boeing, H. (2013). Diet and risk of chronic diseases: results from the first 8 years of follow-up in the EPIC-Potsdam study. European Journal of Clinical Nutrition, 67(4), 412–419. https://doi.org/10.1038/ejcn.2013.7

8 Wang, L., Manson, J. E., Buring, J. E., & Sesso, H. D. (2008). Meat intake and the risk of hypertension in middle-aged and older women. Journal of Hypertension, 26(2), 215–222.https://doi.org/10.1097/HJH.0b013e3282f283dc

9 American Heart Association. (2015). The American Heart Association’s Diet and Lifestyle Recommendations. URL: http://www.heart.org/HEARTORG/HealthyLiving/HealthyEating/Nutrition/The-American-Heart-Associations-Diet-and-Lifestyle-Recommendations_UCM_305855_Article.jsp

10 Harvard T.H. Chan School of public health. (2012, September 18). Protein. URL:https://www.hsph.harvard.edu/nutritionsource/what-should-you-eat/protein/

11 Deutsche Herzstiftung. (o. J.). Cholesterin: Wie können sich Herzpatienten schützen? URL:https://www.herzstiftung.de/cholesterin.html

12 Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2008). Zu viel Cholesterol – was tun? URL:https://www.dge.de/presse/pm/zu-viel-cholesterol-was-tun/